Komödie von Stefan Vögel
Inszenierung: Joosten Mindrup
Premiere: 2. Juli 2020
Es spielen:
Stararchitekt Arnold Winter ist endlich ganz oben angekommen: Der ersehnte Auftrag für den Bau des gigantischen „Diamond Tower“ in Paris ist endlich unter Dach und Fach und er hat allen Grund zum Jubeln. Man will den Triumph mit Freunden feiern, der Champagner ist kaltgestellt. Da platzt Ehefrau Kathrin nach einer Routineuntersuchung mit einer folgenschweren Diagnose herein: Niereninsuffizienz. Schon sehr bald braucht sie eine Spenderniere, und so steht die unausgesprochene Gretchenfrage quer im Raum, ob Arnold ihr eine der seinen abträte, zumal er die Voraussetzungen dafür erfüllt. Doch der windet sich und zaudert, kein Ja, kein Nein, und flüchtet sich in Bedenken. Merklich schief hängt der Haussegen, als Götz und Diana zum Abendessen auftauchen, um Arnolds Turm zu begießen. Im Nu geraten sie mitten in einen handfesten Ehekrach und eine turbulente Achterbahnfahrt moralischer Spielchen. Es stellt sich nämlich heraus, dass Götz nicht nur der perfekte Spender für Kathrin wäre, sondern auch ohne Umschweife „Ja“ sagt. Damit allerdings hat er eine Lawine losgetreten, die die Freundschaft der beiden Paare und deren nicht mehr ganz so intakte Ehen auf eine harte Probe stellt…
Der österreichische Erfolgsautor Stefan Vögel, Jahrgang 1969, studierte zunächst Wirtschaftsinformatik, bevor er sich dem Theater zuwandte und als Kabarettist arbeitete. Bald begann er, sich als Theater- und Drehbuchautor einen Namen zu machen. Seine Stücke werden vielfach in zahlreichen Inszenierungen im gesamten deutschsprachigen Raum gespielt. „Die Welt“ schrieb über Stefan Vögel: „Es gibt ihn tatsächlich, den deutschsprachigen Komödienschreiber, der alle dramaturgischen, psychologischen und komödiantischen Regeln beherrscht. Stefan Vögel ist ein Ass in der pointierten Dialogführung ohne billige Effekte.“
Bilder
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Presse
Bizarre Liebesprobe auf Bühne
Von Eckhard Britsch
Die Lunte schwelte schon lange, dann genügt ein Funke, um die Fas- sade einstürzen zu lassen. In diesem Fall geht es um eine bizarre Liebesprobe, an der ein selbstgefälliger Architekt sein Ego verliert. Aus der Traum. Nichts bleibt. Zerbrochen das Eheglück, dessen schöner Schein demaskiert wird, und auch das Glücksgefühl, den einzigartigen Super-Turm bauen zu dürfen, wird schal. Eine Tragödie? Nein, denn Autor Stefan Vögel hat mit „Die Niere“ eine Komödie voller Witz und Charme, geschliffenen Dialogen und genau kalkulierter Dramaturgie geschrieben. Kein Wunder, dass das Stück wie ein attraktives Modelabel an vielen Häusern reüssiert.
Schwerwiegende Frage
Denn Kathrin konfrontiert ihren Göttergatten Arnold mit der schwerwiegenden Frage, ob sie mit einer Lebend-Spende von ihm rechnen kann, hat der Nephrologe bei ihr doch massive Niereninsuffizienz diagnostiziert. Arnold windet sich wie ein Aal. Von Christian Schulz glänzend gespielt, wenn Habitus und Mienenspiel den Niedergang vom tollen Hecht zum fast weinerlichen Wicht widerspiegeln. Hier hat Regisseur Joosten Mindrup, der zuletzt am Zimmertheater Heidelberg auch „Bildung für Rita“ inszeniert hatte und als Nachfolger der Intendantin Ute Richter gehandelt wird, ein Muster guter Personenführung abgeliefert. Auch die Bühne, von ihm stylisch modern eingerichtet, wie es sich fürs Wohngefühl erfolgreicher Macher gehört, passt und lässt auf kleiner Bewegungsfläche genügend Raum für die Figurenentwicklung.
Die Antreiberin der Geschichte: Lena Sabine Berg kostet als Kathrin viele Facetten aus, denn die besagte Niereninsuffizienz entpuppt sich als Fake, um Arnold zu decouvrieren. Da pendelt sie zwischen sensibel und subtil-hinterhältig bis hin zu entschlossener Eheverweigerin, denn ihren Koffer hat sie wohl schon lange gepackt.
Zweites Paar als Spiegel
Als Spiegel dient dem Stückeschreiber ein zweites Ehepaar, die quasi besten Freunde. Philip Leenders als Götz ist sofort bereit, Kathrin eine Niere zu spenden. Er wirkt liebenswert und naiv und wird am Ende eine böse Überraschung erleben, hat doch seine Gattin Diana eine Affäre, ganz die Göttin der Jagd. Josephine Raschke profiliert sie in betont weiblicher Stringenz.
Zuletzt bleibt ein Scherbenhaufen, doch das Zerdeppern des Liebes-Porzellans geschieht höchst amüsant. Herzlicher Applaus.
Mannheimer Morgen, 4. Juli 2020