Eine Komödie
Von Willy Russel

Inszenierung: Joosten Mindrup

Premiere: Do 18. Juli 2019

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Es spielen:

‚Das kann doch noch nicht alles gewesen sein‘, sagt sich Rita Weiss, eine junge Frau aus dem Arbeitermillieu. Sie ist Friseurin, jedoch weder blond noch dumm. Aber sie will mehr vom Leben und raus aus der Sinnleere ihres Alltags – und belegt einen Literaturkurs an der Universität. Dort trifft sie auf Professor Nicolas Frank, einen ernüchterten Dozenten, der nicht besonders an seinem Lehrstuhl hängt, dafür aber zunehmend an der Flasche. Ritas Lebensfreude, ihre entwaffnenden Fragen und ihr eigenwilliger Umgang mit der hehren Literatur bringen frischen Wind in die angestaubte Uniroutine des Professors und ihn selbst in manche Erklärungsnot. Aber je mehr sie sich den Konventionen des Bildungsbetriebs anpasst, um so mehr fühlt Rita sich in ihrem persönlich Umfeld als Außenseiterin. Verträgt die Bildung so viel Rita, und verträgt Rita so viel Bildung?
Willy Russell erzählt die Geschichte dieses ungleichen Paares mit den Mitteln der Komödie und wirft zugleich eine aktuelle gesellschaftspolitische Frage auf: Welche Rolle spielt die Herkunft bei der Bildung?
Ist die Durchlässigkeit, die sich das Bildungssystem auf die Fahnen geheftet hat, wirklich vorhanden?
„Bildung für Rita“ („Educating Rita“) beeindruckt durch Witz, glänzende Dialoge und charmantes Spiel mit Klischees. Russell weiß, wovon er schreibt. Mit 15 verließ er die Schule und wurde Damenfriseur. Mit 20 hatte er seinen eigenen Salon, bevor er an der Abendschule einen Literaturkurs absolvierte. Die wissensdurstige „Rita“ war 1980 der Beginn einer überaus erfolgreichen Karriere als Theater- und Musicalautor. “Educating Rita” wurde 1980 als beste britische Komödie ausgezeichnet und drei Jahre später erfolgreich mit Sir Michael Caine und Julie Walters verfilmt.

Bilder
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Pressestimmen

Die Betriebsnudel mischt den Besserwisser auf
Rhein-Neckar-Zeitung 20. Juli 2019
Wie geschaffen für die Universitätsstadt Heidelberg: Joosten Mindrup zeigt seine Inszenierung von Willy Russels „Bildung für Rita“ im Zimmertheater
Von Volker Oesterreich
Da war doch was? Ja, da war was, und daraus machte der 1947 geborene britische Dramatiker Willy Russel auch keinen Hehl: Bei „Bildung für Rita“,seinem bekanntesten Stück, das 1980 in London uraufgeführt und drei Jahre später höchst erfolgreich verfilmt wurde, hatte der Autor den legendären „Pygmalion“ George Bernard Shaws für seine Zwecke umgemodelt. Deshalb fühlen sich bei der Premiere des Kammerspiels im Heidelberger Zimmertheater so viele erinnert an Shaws Bühnenstoff und dessen Musical- Version, die unter dem Titel „My fair Lady“ Weltruhm erlangte.
„Es grünt so grün“ wird diesmal aber nicht geträllert im Delikatessengeschäft Thaliens, dafür grünt Anderes überaus symbolträchtig an der Hauptstraße: ein bewusst an Goethes „Divan“erinnerndes Ginkgo-Topfpflänzchen und eine wie aus der British Library geklaut wirkende grüne Leselampe. Wow, da achtet einer bei den Requisiten ganz genau auf die Details! Auch die übrige Ausstattung des muffigen Dozenten-Büros ist äußerst stimmig, schließlich schaltet und waltet hier ein schon ziemlich abgehalfterter Schöngeist in Gestalt des Literaturwissenschaftlers Frank, dem auf einmal eine frohgemute Betriebsnudel aus der working class ins Studierstübchen flattert. Wumm,da treffen Welten aufeinander: hier die Frohnatur einer 26-jährigen Friseurin, die sich an der „Open University“ unbedingt weiterbilden möchte, da der blasierte Besserwisser, der schon ziemlich angekränkelt ist von seinen privaten wie beruflichen Problemen. Franks Ehe ist gescheitert,und von seinem Dozentendasein scheint er wenig zu halten, weshalb er immer häufiger Halt sucht an einem der Fläschchen mit Hochprozentigem,die er in seinen Bücherregalen versteckt.
Man ahnt, wie das ausgeht: Rita redet zunächst, wie ihr das rot

geschminkte Schnäbelchen gewachsen ist, wandelt sich aber im Laufe des Abends zur galanten Salonschlange, die ihrem Professor das Wasserreichen kann, ja, ihm sogar überlegen zu sein scheint. Sie ist die „erstefrische Brise in diesem verstaubten Loch“, wie ihr Dozent scharfsinnig erkennt. Flötete das Naivchen gerade noch „Scheiße, ist das geil!“ überein Aktgemälde Lovis Corinths, eignet sie sich mir nichts, dir nichts das Vokabular der ästhetischen Debattenkultur an.

Während der Ära Margaret Thatchers wurde das Stück viel gespielt.Damals verstand man Ritas Bildungsbeflissenheit auch als Protest gegenden Neoliberalismus des Establishments. Diese Lesart ging mit den Jahrenflöten, und so ist es kein Wunder, dass „Educating Rita“, wie das Stück im Original hieß, mehr und mehr in Vergessenheit geriet. Wie gut, dass es Joosten Mindrup nun wieder aus der Versenkung geholt hat. Er tat das mit etlichen Zugeständnissen an unsere Zeit. Die Figuren kennen Smartphones, „Harry Potter“ und ein Gesöff, das angeblich Flügel verleiht. All das gab es noch nicht, als „Educating Rita“ entstand, aber René Heinersdorff hat mit seiner Bearbeitung von Angela Kingsford-Röhls Übertragung das Sprachmenü mit heutigen Zutaten gewürzt. Und die schmecken dem stets auf hohes Niveau und gute Unterhaltung erpichten Zimmertheater-Publikum bestens. Es feiert die Inszenierung mit rhythmischem Applaus und trampelnden Füßen.
Verdient haben sie diesen Beifall alle: an erster Stelle Cynthia Thurat, die ihre Betriebsnudel Rita so schön betriebsnudelig spielt und deren Wandlungsprozess glaubwürdig macht; dann natürlich Wolfgang Mondon, der als angegrauter Literaturdozent in Ritas Gegenwart seinen zweiten Frühling erlebt und in den Schnapsdrossel-Szenen glücklicherweise nicht übertreibt (diese Gefahr besteht ja); und schließlich Joosten Mindrup, derals Regisseur und Ausstatter ganz klare Akzente zu setzen versteht. Deshalb sei an dieser Stelle eine Prognose gewagt: Das Ding wird laufen und laufen und laufen.


Gut gebautes Sommerstück

von Eckhard Britsch, erschienen im Mannheimer Morgen, 26. Juli 2019

Sicherlich kommt einem das Sujet bekannt vor, wenn der Herr Professor eine naive Unbedarfte auf den Weg zu höheren Bildungs-Weihen bringt. George Bernhard Shaws „My Fair Lady“-Vorlage„Pygmalion“ lässt grüßen, und Willy Russel, ein englischer Autor,gelernter Friseur und Lehrer, hat seine Vita deutlich in das Stück„Bildung für Rita“ transformiert.

Erfreulicherweise ist jene Rita, Friseurin von Beruf, doch kein blondes Dummchen, sondern – auch im Rollenverständnis von Cynthia Thurat – eine Frau, die sich neu erfinden will, indem sie ihre Bedürfnisse entdeckt. Das macht sie, zuerst voller Slang-Ausdrücke und auch aggressivem Zugang zu einem verlotterten Literatur-Professor an irgendeiner heruntergekommenen Provinz Universität,mit viel Verve und entwaffnender Direktheit. Sie nutzt das Angebot eines Literaturkurses für Quereinsteiger. Indes: Der Dozent ist Alkoholiker, verfällt aber nicht nur der Flasche, sondern zunehmend auch jener Rita, die sich in sein Leben drängt. Keine Chance, ihr zu entkommen. So richtig „geil“, um mit jener Rita zu sprechen, auch wenn das Leben manchmal „Scheiße“ ist.

Bildungsdebatte inklusive

Das Stück ist gut gebaut, hat sehr witzige Dialoge und ein vorhersehbares Finale namens Happy End, dessen Schnulzigkeit Regisseur Joosten Mindrup nicht entschärft.

Banal, aber für eine charmante Komödie nicht unüblich. Auch jenen,in der Vorschau konnotierten Tiefgang in Richtung aktueller Bildungsdebatten –- ja, es ist wahr, dass soziale Herkunft die Zukunft der Eleven mitbestimmt – bleibt seine Inszenierung schuldig.

Aber er kann sich auf ein eingespieltes, durchaus profiliertes Team verlassen, denn auch mit Wolfgang Mondon hat er schon öfter zusammengearbeitet. Der spielt den Professor Nicolas Frank recht präsent, allerdings ein wenig stereotyp. Da hat es Rita leicht, ihn um den Finger zu wickeln, auch wenn sie vor der Pause ihre Rolle reichlich überdreht anlegt. Aber spaßig klingt ihre Ungeniertheit schon: Nicht nur in den Ohren des Professors, der sich letztlich dem Rollentausch resignierend ergibt, denn Rita ist eine starke Frau und er ein schwacher Mann.

Joosten Mindrup hat auch die Bühne gestaltet. Ein schäbiger Schreibtisch und randvolle Bücherwände, sowie ein halb verwelktes Ginkgo-Bäumchen. Goethe lässt grüßen.

Das Interieur scheint angemessen, zumal Professor Frank ganz offensichtlich an keiner Uni mit Exzellenz-Status lehrt. Allerdings fehlt jene assoziative Offenheit, die Ute Richters Szene im Zimmertheater meist so interessant macht. Auch stören die vielen kleinen Umbaupausen, denn der Bühnenprofi Mindrup könnte das eleganter lösen.

Herzlicher Beifall für ein Stück professionellen Boulevards als ideales Sommertheater.